pro_ jektion | ost
pro_ jektion | ost
2011
Multimedia-Installation
Stahl, Garn auf Seide, Papiermaché, Fotopapier, Plexiglas, Videoprojektion
Installationsansichten: ZiF Bielefeld 2011, Felix Nussbaum Haus, Osnabrück, 2012, Kulturforum Alte Post, Neuss, 2018
Nähert man sich der Installation "pro_ jektion | ost", hört man als erstes eine flüsternde Stimme. Schaut man in den kleinen zylindrigen Turm hinein, entdeckt man oben eine Videoprojektion: schwarz-weiße Familienfotos aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts, deren idyllische Szenen sich immer wieder kreisförmig verdrehen und überlagern.
Die flüsternde Stimme erzählt die Geschichte einer Flucht: die Vertriebenen ziehen von Ort zu Ort. Man erkennt, dass es sich um eine Flucht aus Schlesien zum Ende des Zweiten Weltkrieges handelt. Fotos einer verlorenen Familienidylle, Einflüsterungen von Schreckensgeschichten der Flucht, eingestickte Erzählungsschleifen werden projiziert, also hinein geworfen in die empfängliche Schale aus leeren Fotorahmen. Es ist eine komplexe und doch präzise geformte Installation über die frühen Prägungen kindlicher Erinnerung einerseits durch die Großmutter und Mutter der Künstlerin und andererseits darüber hinausweisend eine Thematisierung der Erzählungskonstruktionen der deutschen Ostflüchtlinge. Die erlebte Geschichte einer Generation wird als wirkmächtiger Erzähl- und Bilderstrom auf die nachfolgende Generation gerichtet. Was hier subjektiv biografisch aufgegriffen wird, thematisiert auch eine zentrale Projektionsgeschichte der Bundesrepublik: der Rückblick auf die Vertreibung aus dem Osten, die nicht ohne die Schuld des Nationalsozialismus gesehen werden kann.
Auszüge aus einem Text von Prof. Dr. Benedikt Sturzenhecker, Universität Hamburg
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